Wie die Jünger unterwegs… Teil 5

Santa Magdalena
Santa Magdalena

Ich bin Kestrel. ich bin der vierte von links. Ich lehne mit meinen Mitarbeitern an der Wand der Kapelle Santa Magdalena kurz vor Santiago. Die Träger haben uns hier kurz abgesetzt, weil sie vor dem letzten anstrengenden Stück von Milladouro nach Santiago nochmals kurz ausspannen möchten. Wie? Naja bei einem kühlen Bierchen und dem restlichen Proviant. Die haben ja auch schon einiges hinter sich. Doch ich fange von vorne an….

Es war noch dunkel als alle vor der wunderbaren Kirche des Klosters Herbón vor dem alten Cruceiro standen und den letzten Impuls bekamen. Wie so oft waren noch andere Pilger dabei. Diesmal Kristina aus Bockenheim und Dorothea aus Aschaffenburg. Es ging um die Frage, wovon mein Herz nach diesen Tagen nun erfüllt ist, wem ich etwas erzählen möchte, und: Was meine nächsten konkrete Schritte sein werden, mich oder etwas zu ändern. Ich bin mal gespannt, was mein Träger davon umsetzen wird. Aber er hat ja den ganzen Tag Zeit sich Gedanken darüber zu machen.

 

Jesús
Jesús

Nachdem mein Träger mich wieder aufgesetzt hat, geht es nun weiter nach Padrón. Eine
wunderbare Kirche, in denen es wieder einen Stempel ins Pilgerheft gibt. Wir sehen den Stein, an dem das Schiff festmachte, in dem der Apostel Jakobus nach Spanien gebracht wurde. Sehr beeindruckend. Die Vorfreude meines Trägers auf Santiago ist kaum mehr zu bremsen. Weiter trägt er mich an der Kirche Iria Flavia vorbei nach Escravitude. Wieder ein Stempel, kurze Rast, alle freuen sich nur noch auf das Ziel. Was ist denn das? Mein Träger steckt Jesus ein. Nein, nicht den Gottessohn, den trägt er schon im Herzen,

sondern die gleichnamige Coladose.

Fast alle Träger laufen nun zusammen. Eine wunderbare Landschaft. Alle sind aufgeregt, die letzten Kilometer scheinen sie fast durch den Wald und die kleinen Orte zu schweben auch wenn die Füße schwer werden. Francesco zieht daher schon das Laufwerkzeug aus und geht barfuß über Asphalt und Stein, wir als Rucksäcke geben die letzten Wasservorräte ab. Es ist sehr warm.

Wir würden ja alle gerne etwas leichter sein, damit die nicht soviel zu schleppen haben, aber so ist es nun einmal. Der Träger Vincenzo ist nicht mehr zu halten, er läuft als sei das ganze Römerheer hinter ihm her, wir können ihn kaum einholen. Wollen wir doch gerne zusammen am Ziel einlaufen, weil es uns guttut zusammen zu sein. Die Straßen werden breiter, wir treffen wieder so viele bekannte und neu befreundete Menschen. Die Häuser werden höher, der Verkehr dichter, noch eine Steigung. Mein Träger Martin hat das Verbot bekommen von der letzten Steigung zu sprechen, weil doch sicher noch eine weitere kommt, also heißt es von jetzt an: es ist vor der letzten Steigung…. jetzt, einbiegen in die Fussgängerzone, der Lärm und der Trubel scheinen kaum zu stören, der Blick nur noch nach vorne, wir werden als Rücksäcke alle miteinander kräftig durchgeschüttelt und dann: Da ist sie: DIE KATHEDRALE! Wir werden einfach nur noch auf den Boden geworfen, während alle Träger sich mit so dicken Tränchen in den Armen liegen. Sie habenes geschafft und wir unsere Schuldigkeit getan….

Juan geht mit den Trägern gleich in Pilgerbüro, um die Compostela abzuholen. Wir als Ruckäcke sind wieder mit Wasser gefüllt worden und dürfen mit. Wir stehen in der Schlange, das wird dauern, sicherlich eine Stunde, wenn nicht länger. Plötzlich, die Träger sind alle erstaunt,  kommt ein Mann von der Security mit Juan. Nein, er hat nichts verbrochen, er kennt ihn nur. Das ist nichtsungewöhnliches, den halb Galizien kennt Juan. Wir werden direkt in Pilgerbüro getragen, und jetztgeschieht wieder etwas bewegendes: Juan trägt plötzlich das Shirt der Voluntarios, das türkis des Hemdes strahlt uns über den Schalter entgegen. Er stellt uns die Compostela aus. Wieder treibt das den Trägern die Rührungstränen ins Gesicht. Unser Guide übergibt uns die Compostela selbst. Aber wir als Rucksäcke dürfen sie nicht bekommen, die Gruppe hat beschlossen sie mit derPost nach Deutschland zu schicken, damit die nicht knicken. Das ist ja auch gut so, denn für Dokumente sind wir nicht geschaffen. Wir sind dafür da, die Lasten zu tragen und unsere Träger zu unterstützen. Die machen sich jetzt einen wunderbaren und lustigen Abend. Was sie erlebt und worüber sie alles scherzten wissen wir nicht, und das richtig.
Das soll in Spanien bleiben….